Heiße Quellen und schicke Roben – Niseko II

Von wegen, japanisches Essen macht schlank! Ungläubig starre ich auf die Anzeige der Waage und stelle mich zur Sicherheit gleich nochmal drauf. Doch, die Zahl bleibt. Drei Wochen ununterbrochenes Graben im Schnee, das permanente Tragen der schweren Ausrüstung für unser „Hidden Mountain Project“ und Fertigessen haben Spuren hinterlassen. Ein japanisches Spa, der so genannte Onsen, ist normalerweise ein Ort der Entspannung. Doch jetzt gerade fühle ich mich etwas gestresst.

Dabei soll der heutige Tag eine Abwechslung von unserem hektischen Projektalltag sein. Wir haben ausnahmsweise frei und nutzen die Zeit für einen Ausflug zu Hokkaidos bekanntesten heißen Quellen in Noboribetsu.

Auf dem Weg stoppen wir in einem kleinen Restaurant fürs Mittagessen. Erste Beobachtung: Hier darf man rauchen und das wird auch genutzt. An der Bar sitzen ausschließlich Männer, in der einen Hand eine Zigarette und in der anderen ein Heft. Eine Wand des Lokals besteht komplett aus Bücherregalen voller Comics und Pornohefte. Scheinbar ist es eine ganz gewöhnliche Mittagspause, für ein Kippchen und ein Heftchen in ein Restaurant zu gehen. Ganz still, wohlgemerkt. Unterhalten wird sich kaum und wenn, dann praktisch im Flüsterton.

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Wir fahren weiter und erreichen schließlich das Hell Valley, eine Marslandschaft aus kargen Bergen und dunkelgrauen Bächen. Der Geruch von Schwefel ist überwältigend. Ich versuche mich darauf konzentrieren, dass das nunmal die Art ist, wie Mutter Erde riecht, aber es klappt nicht. Ich kann nur noch durch den Mund atmen, sonst muss ich leider brechen. Schön ist es trotzdem, auf eine außerirdische Art und Weise.

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Im Hotel ist es nach drei Wochen in westlich geprägten Ferienwohnungen endlich Zeit für etwas mehr Tradition. Wir kriegen einen halb japanisch, halb westlichen Raum zugeteilt. Das bedeutet, dass die eine Hälfte aus zwei normalen Betten und die anderen Hälfte aus Bastmatten mit einem nicht mal kniehohen Tisch besteht. Ich fühle mich gleich so japanisch, dass ich mich in einer Teezeremonie versuche. Scheinbar mache ich allerdings alles falsch, der Tee landet überall, nur nicht in meiner Tasse und schmeckt auch recht dünn. Egal, die Kulturerkundung geht weiter, jetzt ist es Zeit für den Onsen.

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Ich schlüpfe in den bereitgestellten Kimono und mache mich auf den Weg. In japanischen Onsen herrscht strikte Geschlechtertrennung, es gibt alles doppelt, sowohl für Frauen als für Männer. (Der neuseeländischen Prüderie, die ich in den drei Wochen hier mit Erstaunen festgestellt habe, kommt das sehr gelegen. Meine Erzählung, dass wir in Deutschland meistens gemischte Saunen haben, trifft auf Ungläubigkeit: „Was? Gemischt? Du meinst, Männer und Frauen sind gemeinsam nackt?“ – „Ja.“ – „Habt ihr auch Sex in der Sauna?“ – „Klar, die ganze Zeit. Natürlich nicht!“)

Zum Onsen geht es durch einen Flur, der auf einer Seite von bodentiefen Fenstern begrenzt ist. Draußen fällt der Schnee auf die nackten Bäume, drinnen begleitet mich traditionelle japanische Musik zu dem ersten Raum.  Hier lege ich meine Robe und meine kleinen Lederslipper in einen der bereitgestellten Körbe. Danach folgt der bereits erwähnte Stressmoment auf der Waage, doch ich tröste mich mit dem Gedanken, dass man sich im Wasser ja immer zehn Prozent leichter fühlt.  Ich betrete den zweiten, größeren Raum und beginne die Prozedur, indem ich mich mit warmem Wasser aus einer Schüssel übergieße. Das soll den Körper aufwärmen und Schmutz abspülen, damit das Onsenwasser nicht verdreckt. Lustigerweise erfolgt sowohl das als auch das Duschen danach im Sitzen. Jede Waschzelle ist mit einem kleinen Plastikhocker ausgestattet und scheinbar verstößt es gegen die Etikette, beim Duschen davon aufzustehen. Irgendwie unpraktisch, aber dennoch gemütlich. Dann geht es in das heiße, knietiefe Becken. Das Schwefelwasser ist 42 Grad warm und fühlt sich an wie Seide auf der Haut. Der Geruch erinnert mich zwar nach wie vor an faule Eier, aber nicht mehr ganz so stark. Neben dem Wasserbecken gibt es auch eine Saune, die wie so vieles hier in Japan automatisch funktioniert. Als ich mich auf die Bank lege, fängt leise Musik an zu spielen und die Sanduhr hätte ich gar nicht gebraucht. In dem Moment, in dem das letzte Korn durchfällt, stoppt die Musik und eine freundliche Frauenstimme aus dem Lautsprecher empfiehlt mir, die Sauna jetzt zu verlassen.

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Zum Abendessen tauschen wir unsere Baderoben gegen Alltagsklamotten ein. Ein fataler Fehler, wie sich beim Betreten des Restaurants herausstellt. Wir sind nicht nur die einzigen Nicht-Asiaten, wir sind auch die einzigen, die offensichtlich nicht begriffen haben, dass die Robe fester Bestandteil des Hotelaufenthalts ist. Alle sehen gleich aus, weiße Robe, blaue Jacke und hellbraune Slipper. Aber die Japaner werden ihrem Ruf, ein höfliches Volk zu sein, mehr als gerecht. Unser Fauxpas wird mit einem freundlichen Nicken einfach ignoriert.

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Ein saugendes Lamm, zwei blutende Wunden und eine unverhoffte Bootsfahrt

Die Felgen meines klapprigen Subaru scheppern gewaltig, als wir in die Straße unseres Zielorts einbiegen. Seit gut fünf Kilometern bewegen wir uns auf einer unbefestigten Straße, auf der entgegenkommende Fahrzeuge so viel Staub aufwirbeln, dass man für die nächsten zehn Sekunden gar nichts mehr sieht. Gott sei Dank kennen die heimischen Vögel und Hasen das Problem und bringen sich rechtzeitig in Sicherheit. Ich bin gemeinsam mit L. auf dem Weg zu seinem Reisepartner V., der bei einer neuseeländischen Familie Kost und Logis erhält und im Gegenzug Wände streicht, Unkraut jätet und die Kinder bespaßt. Der Grund unseres Besuchs: Ein fünf Wochen altes Lamm, das von seiner Mutter verstoßen wurde und seitdem von der Familie mit der Flasche aufgezogen wird.

Ankunft am Zielort. Ein kleines Farmhaus inmitten eines riesigen Grundstücks, an dessen Ende nur noch Felder und weiter hinten die hohen, schneebedeckten Berge Otagos zu sehen sind. Stattliche Bäume stehen am Rand des Gartens, unter einem grast ein wohlgenährtes Pony. L. hat dafür allerdings keinen Blick übrig, denn seine nackten Füße (ganz im Kiwi-Style) haben eines der anwesenden Hühner erstmal zu einem fröhlichen Angriff verleitet. Während er versucht, sich in Sicherheit zu bringen und dem Huhn deutsche Schimpfwörter an den Kopf wirft, vernehme ich aus der Ferne schon ein zartes „Määääh“. V. schaltet die Elektrik aus und wir krabbeln durch den Zaun in den Schafspaddock. Wir werden argwöhnisch von den anderen Schafen begutachtet. Ein Mutterschaf mit zwei wolligen und schon etwas älteren Lämmern und zwei weitere, die ich in meiner Unkenntnis als alt bezeichnen würde, die Wolle hängt doch schon recht löchrig und filzig nach unten. Das zarte Määäh von eben ist durchdringender geworden und wir schlüpfen in das Extragehege, das sich das Lämmchen mit einem stattlichen Hahn und zwei Hennen teilt. Der Niedlichkeitsfaktor eines Lamms, das der Überzeugung ist, dass jeder Mensch Milch mitbringen muss und einen dementsprechend anstubst, ansaugt und beschnuppert, ist kaum zu übertreffen. Ich schmelze dahin, während L. mit seiner nächsten Wunde kämpft: Das Babyschaf hat seine kaum vorhandenen Milchzähne geschickt eingesetzt und jetzt blutet sein Finger. Die Niedlichkeit hat allerdings auch ihn fest im Griff, auf Beschimpfungen verzichtet er dieses Mal.

Als das Lamm feststellt, dass wir kein Essen bringen und uns dementsprechend langweilig findet, verlassen wir die Farm und machen uns auf den Weg in Richtung Lake Hawea. Die Gastfamilie veranstaltet dort ein Barbecue und typisch neuseeländisch sind wir sofort eingeladen. Bei unserer Ankunft sind wir umringt von einem kläffenden, schreienden, anschmiegsamen, lachenden Pulk aus Kindern und Hunden. Wir sind ein bisschen spät dran, deswegen werden uns die restlichen Würstchen ganz einfach in die Hand gedrückt und nur ein paar Momente später stehen wir direkt am Ufer des glasklaren, an diesem Abend völlig glatten Sees. Kaum hat er sein Essen verspeist, wird V. in einem unfreiwilligen Wet-TShirt-Contest verwickelt, während L. seine Handstandkünste teilt und ich für meinen Elefantenpullover bewundert werde. Weder die Kinder, noch die Hunde, noch die Eltern scheinen irgendwelche Berührungsängste zu kennen. Während wir die erste Übernachtungseinladung erhalten, werde ich in das Fischerboot des Sohnes manövriert und gleite mit einem Mal ganz und gar unverhofft im Sonnenuntergang in Richtung Berge. Plötzlich ist es ganz still. Das Ufer ist nicht weit entfernt, trotzdem dringt kein anderes Geräusch zu uns als das Plätschern des Wassers und ab und zu das Platschen eines fetten Fisches, der aus dem Wasser nach Mücken schnappt. Friedlich.

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Ohne die Sonne ist es empfindlich kühl, deswegen wird nach unserer Rückkehr ans Ufer das Boot im Van verstaut und wir fahren alle gemeinsam zurück zum Farmhaus. Die Kinder freuen sich so dermaßen über die Gäste, dass wir eine Vorstellung auf dem Trampolin bekommen und die kleine Tochter ungefähr hundert Räder und FlicFlacs durch den Garten schlägt. Platz genug hat sie dafür allemal. Schließlich wandern wir alle gemeinsam noch einmal zu dem Schafspaddock. Der Sohn trägt auf dem Arm eines der beiden Kaninchen, im Schlepptau haben wir außerdem die zwei Hunde und das angriffslustige Huhn, das L. genauestens im Auge behält. Während ich mich wieder in Schmuseposition begebe, setzt er das Kaninchen ab, das sich sofort auf Erkundungstour durch den Paddock begibt. Das wiederum finden die andere Tiere so lustig, dass sich uns ein herrliches Bild bietet: Im Dämmerlicht der neuseeländischen Frühlingsnacht verfolgen fünf aufgeregte Schafe, zwei Hunde, ein Huhn und ein kleiner Junge im Schlafanzug ein weißes Kaninchen. Ich möchte diesen Moment gerne einfrieren und mir für immer bewahren.

Happiness is only real when shared

Why do two souls sometimes connect with each other in the easiest way? Why are some people capable of reaching our core in such a short amount of time? I have been travelling for quite a while now and I have met hundreds of people over the past months. But from those hundreds, only a small fraction have given me that special feeling that occurs when everything just falls into place.
I meet these people and no small talk is needed. It seems we already know everything that might matter about one another. Without any bullshit we move directly to the things that are the most important to us in that very moment. They inspire me, impress me, give me a new perspective on old thoughts or just hold me and give me warmth when I need it.
Meeting them gives me the feeling that I am drawn towards them, as if there is kind of a magnetic force that takes away all the effort of a new encounter. They share my most intimate thoughts and right away, nothing else matters. These magic moments do not last for long. Most of the time we spend only a few hours together before our plans send us different ways. But all of these people mark my heart in a special and longlasting way.
Sure, I do not really know them, at least not all of them. But I do know that being with them is like sunspots hitting a spring forest. And to me that is beautiful.