Eine Insel, eine Furzkanone und zwei Schnarchnasen

Ausflugsziel: Isle of Skye, Schottland

Teilnehmer: M.K. (AUS), J.B. (USA), B.M. (USA), P.H. (GB), S.B. (GER)

Samstag, 08:00: Wir schälen uns seufzend aus den Kissen, die Nacht war kurz und die Muskeln schmerzen nach traditionellem Gehopse zu schottischen Klängen. Doch die raue Natur ruft und um neun Uhr haben wir das Auto bestellt.

09:00: Wir sind immer noch im Studentenwohnheim, P. scheint die Nacht durchgemacht zu haben und schreibt zwar Nachrichten, erscheint aber einfach nicht.

09:45: P. taucht endlich auf, verschwindet kurz darauf wieder, um sich Taschentücher zu holen. Das ist dann auch ungefähr das einzige Gepäck, das er mitnimmt.

11:00: Nach einer Stunde Wartezeit in der völlig überfüllten Autovermietung haben wir endlich den Schlüssel in der Hand. P. und J. liegen draußen auf dem Bürgersteig und schlafen. Was ist das eigentlich für ein seltsamer Geruch, der hin und wieder an mir vorbei weht?

13:00: Fahren, fahren, fahren. Die anderen haben keinen internationalen Führerschein, also ist die Sitzverteilung recht klar. M. ist für das Entertainment verantwortlich und gibt sich redlich Mühe, während die Herren der Schöpfung hinten was tun? Natürlich schlafen.

14:00: Atmet P. eigentlich noch? J. ist sich da nicht so sicher und plant bereits, wie wir den toten Körper im schottischen Hochmoor möglichst unauffällig versenken können. Es riecht schon wieder so komisch… Muss man als Dichter morbide sein? J. scheint mit seinen Versen recht erfolgreich zu sein, aber dieses ständige Gerede über Tod nervt. Er saß scheinbar noch nie mit jemandem im Auto, der gerne mehr als 100 Stundenkilometer fährt. Ab und zu höre ich ein entsetztes Schnaufen, wenn wir um die Kurven fahren.

17:00: Jetzt schlafen alle. Es regnet und im Radio läuft „The Boxer“ von Simon und Garfunkel. Was für ein lustiger Ausflug!

17:30: Wir beziehen unser Hotel auf dem Festland und beschließen, eine Runde über die Insel zu fahren. P. war kurzzeitig wach, das einzige, was er bisher gesagt hat, war: „Ich habe Heuschnupfen, deswegen bin ich so müde.“ M. und ich sitzen schon im Auto, als die Jungs auf uns zusteuern. Sie betrachtet P. eingehend und sinniert schließlich: „What a funny man. Paul Fucking Henry.“ Ich kriege meinen ersten Lachanfall und J. Panikattacken, während ich glucksend durch riesige Pfützen steuere. Es regnet immer mehr.

18:00: Immer noch im Auto. Ich habe den starken Verdacht, dass B. ein paar Probleme hat, schottisches Essen zu verdauen. Dieser Geruch ist durchdringend, M. öffnet unauffällig ihr Fenster. Die Landschaft ist atemberaubend: massive, grasbewachsende Berge, unzählige kleine und große Wasserfälle und überall Schafe mit Hörnern. Es fühlt sich so an, als ob wir in einer geheimnisvollen Unterwasserwelt gelandet sind.

22:00: Zurück im Hotel. Nach der stundenlangen Schlaferei scheinen die männlichen Teilnehmer dieser Exkursion aufzutauen und beschließen, den Abend mit einem Trinkspiel zu beenden. Ich bin so müde, dass ich nach zwei Drinks weder in der Lage bin, weiter Englisch zu sprechen, noch meine Augen aufzuhalten. Als J. anfängt, einen Monolog über Modernism zu halten, schlafe ich ein.

Sonntag, 10:00: Wir sind seit einer Stunde zum Frühstücken verabredet, bisher sind aber nur B., M. und ich anwesend. Oh Gott, er frühstückt schon wieder Bohnen!

11:00: Ich bin kurz vor einer Gewalttat, als P. und J. sich endlich bequemen, das Zimmer zu verlassen und zum Auto schlendern. Wie schön es doch ist, dass die Amerikaner überhaupt keine andere Sprache sprechen als ihre eigene, meine deutsche Schimpftirade lassen sie gezwungenermaßen über sich ergehen. Heute fahre ich noch ein bisschen schneller, das haben sie verdient.

11:30: B. kennt keine Gnade, es stinkt einfach unglaublich und er ist sich mittlerweile auch nicht mehr zu schade, seine Ausdünstungen zuzugeben. Außer ihm findet das aber irgendwie niemand lustig.

12:30: Wir starten unsere Wanderung am nördlichen Ende der Insel. Karge Felsformationen, wuschelige Hochlandrinder mit riesigen Hörnern und saftige Wiesen prägen die Landschaft, die kleinen weißen Häuser sind die einzigen Farbtupfer im unendlichen Grün. P. leidet mittlerweile, natürlich stumm, unter der Tatsache, dass er keine Regenjacke mithat.

13:30: Sonne und Wolken wechseln sich ab, es regnet immer wieder und unsere Füße sind mittlerweile völlig durchnässt. Schön ist es trotzdem.

17:00: Zurück im Auto. B. und P. haben auf dem Rückweg noch Bekanntschaft mit dem schlüpfrigen schottischen Boden gemacht und sitzen jetzt wie zwei matschige Häufchen Elend auf dem Rücksitz. Ach egal, nach zehn Minuten schlafen sie einfach wieder.

21:30: Ich habe beschlossen, die schottischen Geschwindigkeitsbegrenzungen großzügig auszulegen und wir trudeln nach nur gut vier Stunden wieder in Edinburgh. Die Moral von der Geschichte? Ein Wochenendtrip ist manchmal mehr als genug, um Leute so gut kennenzulernen, dass danach klar ist, mit wem man Zeit verbringen möchte und wem mit lieber nicht. Ohne die grandios lustige M. wäre es ein Horrortrip gewesen. Ein stinkender, wohlgemerkt.

Frisch und froh im Whiskeyland

Der gemeine Schotte ist so hilfsbereit, dass es manchmal schon fast absurd ist. Am Flughafen von Edinburgh will ich den Zug nehmen, um ins Stadtzentrum zu gelangen. Prinzipiell ist mir klar, zu welcher Station ich muss und wie es dann weitergeht. Doch ich habe noch keine zwei Sekunden auf den Display des Ticketschalters geguckt, als ein freundlicher Jüngling in Uniform neben mir steht. Wo ich hinwolle, fragt er mich mit einem strahlenden Lächeln. Als ich den Namen meines Hostels nenne, druckt er mir nicht nur prompt mein Ticket aus, sondern gibt mir auch noch einen Stadtplan, in den er bereits meinen kompletten Weg von der Station aus eingezeichnet hat. Im Zentrum von Edinburgh steige ich aus dem Zug und will gerade den Plan öffnen, als zwei Straßenkehrer beflissentlich zu mir eilen und fragen, wo ich hinmöchte. Ich lasse den Plan ungeöffnet und nach einer kurzen Diskussion sind die Herren sich einig und lotsen mich in die richtige Richtung. Ich marschiere los und möchte drei Straßen weiter einen kurzen Blick in den Stadtplan werfen, um mich einmal kurz zu orientieren und zu verstehen, wo genau ich mich in dieser Stadt befinde. Keine Chance, der Securitymann vor dem Juwelier steht sofort Spalier bei Fuß, um mich nach meinem Ziel zu fragen und mir den kürzesten Weg zu erklären. Verlaufen kann ich mich jetzt definitiv nicht mehr, ich würde aber TROTZDEM gerne mal kurz in den Plan schauen.

Aber wie überall auf der Welt gibt es (Gott sei Dank) zwei Seiten der Medaille. Die Schotten können auch anders: Ich laufe mit M. durch die Straßen von Edinburgh und in einer Baustelle gehen wir relativ dicht hinter einem älteren Mann, der offensichtlich ein Problem damit hat. Seine Schultern spannen sich immer mehr an, bis er schließlich zur Seite tritt und uns mit einem lautstarken „Bloody Hell!“ passieren lässt. In der ersten Woche sind das allerdings auch schon fast die einzigen schottischen Worte, die ich verstehen kann. Dieser Akzent ist eine Herausforderung…