„Hidden Mountain Project“ – Niseko I

„Wir brauchen noch einen SecondHand-Motor, einen alten Fernseher und fünf Schaufeln.“ Während Heath das fehlende Equipment aufzählt, lasse ich meinen Blick schweifen. Um mich herum ist es weiß. Bäume, Hügel, Flüsse: Alles ist von einer meterdicken Schneeschicht bedeckt. Hier in Niseko, zweinhalb Stunden von Sapporo entfernt, schneit es in den Wintermonaten so viel wie nirgendwo sonst auf der Welt. Un die sibirische Kälte sorgt dafür, dass all dieser Schnee leicht wie Puderzucker ist. Was unser Unterfangen nicht unbedingt leichter macht. Denn: Wir bauen ein Schneedorf.

Ein Jahr nachdem ich jeden Tag in ein Büro mit Ausblick auf die Bahnschienen gefahren bin, stehe ich im japanischen Nirgendwo und buddele im Schnee. Nach viel Klinkenputzen in Neuseeland habe ich schließlich einen Kameramann gefunden, der mit mir arbeiten will und mich in seine Kunst unterweist. Und eben dieser Kameramann wurde für ein Projekt angefragt, das den Bau einer Ansammlung von Iglus mit diversen Extras beinhaltet. Wochenlanges Betteln hat geholfen, jetzt stehe ich neben ihm und sehe die Sonne hinter den Hügeln verschwinden, die so viel niedriger sind als in den europäischen Skigebieten. Mit von der Partie sind neben dem Kameramann und mir noch ein weiterer Kameramann, ein Fotograf und zwei Profisnowboarder aus Neuseeland.

Unser Tagesablauf variiert nur unwesentlich. Wir steigen in Niseko in die Autos, fahren geraume Zeit zu einem Parkplatz irgendwo im Nirgendwo, schlüpfen in die Schneeschuhe und stapfen bis zu dem Ort, an dem das „hiddenmountainproject“ stattfindet. Bei gutem Wetter filmen wir die Athleten bei ihren Tricks, bei schlechtem Wetter wird gebaut. Das Tempo, mit dem das Ganze vonstatten geht, verblüfft mich unendlich. Am ersten Tag standen wir auf diesem Hügel und um uns herum nichts als zwei Meter hoher Schnee. Jetzt, nur 72 Stunden später verfügen wir über ein gut ausgebautes Iglu mit Getränketheke für japanischen Whiskey, einen Balkon und eine prachtvolle Sprungschanze.

Die Ideen für die kommenden Wochen werden dabei immer großspuriger: Von einem fünfzig Meter langen Tunnel ist die Rede, ebenso wie von einem Hindernisparcours durch das gesamte Tal. Außerdem sollen wir Skulpturen aus Eis schnitzen und ganze Nächte auf dem eisigen Berg verbringen. Vieles davon kann ich mir absolut nicht vorstellen, aber scheinbar fehlt mir einfach die Fantasie, bzw. das Selbstvertrauen.

Fazit nach Tag 4 von 28: Auch der irrsinnigste Plan lässt sich in die Tat umsetzen. Scheinbar ist tatsächlich nichts unmöglich, wenn man überzeugend genug auftritt. Und: Schnee graben ist die die einzige Möglichkeit, bei minus elf Grad warme Hände zu bekommen.

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