Hockend, rasend, überraschend: Die Einwohner Hanois

image                               image

 

Hanoi ist eine Stadt, die meine Erwartungen völlig unvermittelt übertroffen hat. Nach dem Studieren zahlreicher Reiseblogs und -führer hatte ich mehr oder weniger ein dreckiges Moloch voller aufdringlicher Händler und verrückter Rollerfahrer erwartet. Stattdessen ist es eine Stadt, in der ich mich trotz aller Fremdheit sofort wohl fühle. Die Luft ist schwülwarm und es riecht abwechselnd nach Abgasen, Garküchen und einem undefinierbaren Geruch aus den Abflüssen, der etwas Metallisches hat. Die Menschen sind freundlich, ohne aufdringlich zu sein. Die Straßen sind zwar voll, aber jeder nimmt Rücksicht und so funktioniert der Verkehr auf eine Art und Weise, die ich mir in Deutschland nicht vorstellen kann. Obwohl wir ganz klar keine Vietnamesinnen sind und die Zahl der anwesenden Touristen geringer ist als erwartet, starren uns die Leute nicht unangenehm an. Und nicht nur damit haben uns die Bewohner von Vietnams Hauptstadt überrascht. Hier sind die interessantesten Beobachtungen der letzten Tage:

– Vietnamesen hocken gerne, entweder auf ihren Fußsohlen oder auf winzigen Plastikstühle

– Alle sind sehr aufmerksam im Straßenverkehr, was die vielen Mopeds und die fehlenden Bürgersteige sowie Zebrastreifen wieder ausgleicht

– Die Menschen sind sehr sauber, es liegt zwar hin und wieder ein verirrter Müllbeutel auf den Straßen, aber permanent ist jemand am Fegen.

– Alles ist auf Rollerfahrer eingestellt, vor den Cafés und Bars stehen tagsüber Polizisten und abends Angestellte, die die Fahrzeuge bewachen und bei Bedarf rangieren

– Frauen trinken hier kaum Alkohol und schon mal gleich gar kein Bier. Bestellen zwei Touristinnen das in den Reiseführern viel gepriesene Bia Hoi (Hanoier Bier) sorgt das für gewaltiges Aufsehen. Zusätzliche Notiz: Von dem Bier kann man leichten Ausschlag bekommen…

– Viele sprechen kaum Englisch und entschuldigen sich dafür permanent

– Die Rikscha- und Mopedfahrer sowie die Händler, die einem ihre Dienste anbieten, lassen sich von einem freundlichen Lächeln und einem „Nein“ sofort abwimmeln

– Beim Handeln reicht es zu sagen: „We come back tomorrow“, dann geht der Preis gleich um die Hälfte runter

– Die Männer schneiden sich gerne die Fußnägel auf offener Straße und sitzen mit aufgekrempelten T-Shirts auf den Bürgersteigen

image

 

Werbung

Die Ballade von Angst und Vorfreude

Im normalen Alltag beläuft sich die Zahl der unsicheren und unvorhergesehenen Nachrichten auf weniger als fünf, das Wetter eingeschlossen. Bewege ich mich nun auf dem Pfad in Richtung Abflug Richtung Unbekannt wird die Zahl der unsicheren Variablen meines Lebens schlagartig größer. Die ganze Waage verschiebt sich, statt meiner gemütlichen Komfortzone erwarten mich plötzlich fremde Länder, Sprachen, Essen, Atlantik- und Pazifikflüge…Die Liste wird scheinbar endlos. Und es macht sich ein Gefühl in mir breit, das die meisten Menschen aus irgendeiner Situation in ihrem Leben kennen: Schneller Herzschlag, Kloß im Hals und Freudensprünge in den Beinen. Es ist gleichzeitig die herrlichste Vorfreude und tiefsitzende Angst. Angst davor, was passiert und gleichzeitig die Freude darauf. Die Möglichkeit dessen, was schief gehen könnte, ist gleichzeitig die unbekannte Variable an wunderbaren Dingen, die mich erwarten. Vielleicht macht ja auch erst die Angst die Vorfreude zu so einem allumfassenden Gefühl. In meinem Kopf gehen die beiden auf jeden Fall nicht nur Hand in Hand, sie umschlingen sich geradezu.

Und zusätzlich merke ich, dass sich noch ein anderes Gefühl extrem breit macht: Das Gefühl zu fühlen. Alles scheint intensiver zu sein, jetzt, wo ich kurz davor bin, alles Vertraute für eine Zeit hinter mir zu lassen. Dankbarkeit, Liebe, das erfüllt mich gerade von oben bis unten. Und allein dafür lohnt sich jede Reise…