Heiße Quellen und schicke Roben – Niseko II

Von wegen, japanisches Essen macht schlank! Ungläubig starre ich auf die Anzeige der Waage und stelle mich zur Sicherheit gleich nochmal drauf. Doch, die Zahl bleibt. Drei Wochen ununterbrochenes Graben im Schnee, das permanente Tragen der schweren Ausrüstung für unser „Hidden Mountain Project“ und Fertigessen haben Spuren hinterlassen. Ein japanisches Spa, der so genannte Onsen, ist normalerweise ein Ort der Entspannung. Doch jetzt gerade fühle ich mich etwas gestresst.

Dabei soll der heutige Tag eine Abwechslung von unserem hektischen Projektalltag sein. Wir haben ausnahmsweise frei und nutzen die Zeit für einen Ausflug zu Hokkaidos bekanntesten heißen Quellen in Noboribetsu.

Auf dem Weg stoppen wir in einem kleinen Restaurant fürs Mittagessen. Erste Beobachtung: Hier darf man rauchen und das wird auch genutzt. An der Bar sitzen ausschließlich Männer, in der einen Hand eine Zigarette und in der anderen ein Heft. Eine Wand des Lokals besteht komplett aus Bücherregalen voller Comics und Pornohefte. Scheinbar ist es eine ganz gewöhnliche Mittagspause, für ein Kippchen und ein Heftchen in ein Restaurant zu gehen. Ganz still, wohlgemerkt. Unterhalten wird sich kaum und wenn, dann praktisch im Flüsterton.

img_1867

Wir fahren weiter und erreichen schließlich das Hell Valley, eine Marslandschaft aus kargen Bergen und dunkelgrauen Bächen. Der Geruch von Schwefel ist überwältigend. Ich versuche mich darauf konzentrieren, dass das nunmal die Art ist, wie Mutter Erde riecht, aber es klappt nicht. Ich kann nur noch durch den Mund atmen, sonst muss ich leider brechen. Schön ist es trotzdem, auf eine außerirdische Art und Weise.

img_1889

Im Hotel ist es nach drei Wochen in westlich geprägten Ferienwohnungen endlich Zeit für etwas mehr Tradition. Wir kriegen einen halb japanisch, halb westlichen Raum zugeteilt. Das bedeutet, dass die eine Hälfte aus zwei normalen Betten und die anderen Hälfte aus Bastmatten mit einem nicht mal kniehohen Tisch besteht. Ich fühle mich gleich so japanisch, dass ich mich in einer Teezeremonie versuche. Scheinbar mache ich allerdings alles falsch, der Tee landet überall, nur nicht in meiner Tasse und schmeckt auch recht dünn. Egal, die Kulturerkundung geht weiter, jetzt ist es Zeit für den Onsen.

img_1878

Ich schlüpfe in den bereitgestellten Kimono und mache mich auf den Weg. In japanischen Onsen herrscht strikte Geschlechtertrennung, es gibt alles doppelt, sowohl für Frauen als für Männer. (Der neuseeländischen Prüderie, die ich in den drei Wochen hier mit Erstaunen festgestellt habe, kommt das sehr gelegen. Meine Erzählung, dass wir in Deutschland meistens gemischte Saunen haben, trifft auf Ungläubigkeit: „Was? Gemischt? Du meinst, Männer und Frauen sind gemeinsam nackt?“ – „Ja.“ – „Habt ihr auch Sex in der Sauna?“ – „Klar, die ganze Zeit. Natürlich nicht!“)

Zum Onsen geht es durch einen Flur, der auf einer Seite von bodentiefen Fenstern begrenzt ist. Draußen fällt der Schnee auf die nackten Bäume, drinnen begleitet mich traditionelle japanische Musik zu dem ersten Raum.  Hier lege ich meine Robe und meine kleinen Lederslipper in einen der bereitgestellten Körbe. Danach folgt der bereits erwähnte Stressmoment auf der Waage, doch ich tröste mich mit dem Gedanken, dass man sich im Wasser ja immer zehn Prozent leichter fühlt.  Ich betrete den zweiten, größeren Raum und beginne die Prozedur, indem ich mich mit warmem Wasser aus einer Schüssel übergieße. Das soll den Körper aufwärmen und Schmutz abspülen, damit das Onsenwasser nicht verdreckt. Lustigerweise erfolgt sowohl das als auch das Duschen danach im Sitzen. Jede Waschzelle ist mit einem kleinen Plastikhocker ausgestattet und scheinbar verstößt es gegen die Etikette, beim Duschen davon aufzustehen. Irgendwie unpraktisch, aber dennoch gemütlich. Dann geht es in das heiße, knietiefe Becken. Das Schwefelwasser ist 42 Grad warm und fühlt sich an wie Seide auf der Haut. Der Geruch erinnert mich zwar nach wie vor an faule Eier, aber nicht mehr ganz so stark. Neben dem Wasserbecken gibt es auch eine Saune, die wie so vieles hier in Japan automatisch funktioniert. Als ich mich auf die Bank lege, fängt leise Musik an zu spielen und die Sanduhr hätte ich gar nicht gebraucht. In dem Moment, in dem das letzte Korn durchfällt, stoppt die Musik und eine freundliche Frauenstimme aus dem Lautsprecher empfiehlt mir, die Sauna jetzt zu verlassen.

img_1892

Zum Abendessen tauschen wir unsere Baderoben gegen Alltagsklamotten ein. Ein fataler Fehler, wie sich beim Betreten des Restaurants herausstellt. Wir sind nicht nur die einzigen Nicht-Asiaten, wir sind auch die einzigen, die offensichtlich nicht begriffen haben, dass die Robe fester Bestandteil des Hotelaufenthalts ist. Alle sehen gleich aus, weiße Robe, blaue Jacke und hellbraune Slipper. Aber die Japaner werden ihrem Ruf, ein höfliches Volk zu sein, mehr als gerecht. Unser Fauxpas wird mit einem freundlichen Nicken einfach ignoriert.

„Hidden Mountain Project“ – Niseko I

„Wir brauchen noch einen SecondHand-Motor, einen alten Fernseher und fünf Schaufeln.“ Während Heath das fehlende Equipment aufzählt, lasse ich meinen Blick schweifen. Um mich herum ist es weiß. Bäume, Hügel, Flüsse: Alles ist von einer meterdicken Schneeschicht bedeckt. Hier in Niseko, zweinhalb Stunden von Sapporo entfernt, schneit es in den Wintermonaten so viel wie nirgendwo sonst auf der Welt. Un die sibirische Kälte sorgt dafür, dass all dieser Schnee leicht wie Puderzucker ist. Was unser Unterfangen nicht unbedingt leichter macht. Denn: Wir bauen ein Schneedorf.

Ein Jahr nachdem ich jeden Tag in ein Büro mit Ausblick auf die Bahnschienen gefahren bin, stehe ich im japanischen Nirgendwo und buddele im Schnee. Nach viel Klinkenputzen in Neuseeland habe ich schließlich einen Kameramann gefunden, der mit mir arbeiten will und mich in seine Kunst unterweist. Und eben dieser Kameramann wurde für ein Projekt angefragt, das den Bau einer Ansammlung von Iglus mit diversen Extras beinhaltet. Wochenlanges Betteln hat geholfen, jetzt stehe ich neben ihm und sehe die Sonne hinter den Hügeln verschwinden, die so viel niedriger sind als in den europäischen Skigebieten. Mit von der Partie sind neben dem Kameramann und mir noch ein weiterer Kameramann, ein Fotograf und zwei Profisnowboarder aus Neuseeland.

Unser Tagesablauf variiert nur unwesentlich. Wir steigen in Niseko in die Autos, fahren geraume Zeit zu einem Parkplatz irgendwo im Nirgendwo, schlüpfen in die Schneeschuhe und stapfen bis zu dem Ort, an dem das „hiddenmountainproject“ stattfindet. Bei gutem Wetter filmen wir die Athleten bei ihren Tricks, bei schlechtem Wetter wird gebaut. Das Tempo, mit dem das Ganze vonstatten geht, verblüfft mich unendlich. Am ersten Tag standen wir auf diesem Hügel und um uns herum nichts als zwei Meter hoher Schnee. Jetzt, nur 72 Stunden später verfügen wir über ein gut ausgebautes Iglu mit Getränketheke für japanischen Whiskey, einen Balkon und eine prachtvolle Sprungschanze.

Die Ideen für die kommenden Wochen werden dabei immer großspuriger: Von einem fünfzig Meter langen Tunnel ist die Rede, ebenso wie von einem Hindernisparcours durch das gesamte Tal. Außerdem sollen wir Skulpturen aus Eis schnitzen und ganze Nächte auf dem eisigen Berg verbringen. Vieles davon kann ich mir absolut nicht vorstellen, aber scheinbar fehlt mir einfach die Fantasie, bzw. das Selbstvertrauen.

Fazit nach Tag 4 von 28: Auch der irrsinnigste Plan lässt sich in die Tat umsetzen. Scheinbar ist tatsächlich nichts unmöglich, wenn man überzeugend genug auftritt. Und: Schnee graben ist die die einzige Möglichkeit, bei minus elf Grad warme Hände zu bekommen.

The Holy Crate

Last weekend New Zealand celebrated one of the most unusual holidays I’ve ever heard of: Crate Day. Invented by The Rock radio station that wanted to stop the breweries from shutting down the production of big beer bottles (750 ml), Kiwis meet once a year to empty a whole crate of beer. Twelve bottles per person makes nine liters a day. Unfortunately I couldn’t celebrate like this because I had to work that day. It gave me the opportunity to watch others doing it. Here is my report:

14:00: Wanaka lies silent in the warm summer sun. The air is filled with the smell of flowers and there is almost no noise. This should be the famous Crate Day where everybody gets drunk? I drop my friend L. at his colleague’s house. Six boys at a round table, chatting and looking all very decent.

15:00: I try to call L. to figure out if it is worth coming before my work starts. „Hello, hello, hello, helloooooo!“ Well, that is not his voice. Whatever. „Hello, may I ask wether you are having a male party or a mixed gender one?“ „Hahahahahaha, it is a male party until you get here, then it will be mixed gender.“ Alright, good to know, I think this one has already had a couple of beers.

15:30: My phone rings. „Hi, it’s me. When are you coming?“ – „I don’t know if I should. Is it still only a male party?“ – „No, there are so many people here right now. Please come, I need support. I already had to drink the beer bong twice.“ I have no idea what he is talking about but it sounds interesting.

16:00: Arrival at the party. Things have definitely changed. 50 drunken Kiwis and a much higher number of beer bottles fill the little yard in front of the house. The air smells like Barbecue and alcohol and nobody looks decent anymore. First I cannot find L. Then I see him sitting in a rubber boat, with glassy eyes, completely sun burnt. „Heeeeeeeeeey!“ He uses his chance to escape the beer bong boat and takes me into the house. Now we are talking about a proper bong (without beer but a lot of another ingredient). „Hahahaha, this guy lost half of his foot in a lawnmower, you should see it.“ The guy comes over and starts taking off his shoe: „Would you like to?“ God, no, but thank you very much. A girl in a bikini enters the room: „The sun is so strong, I need sunscreen. Can anybody help me?“ Bikini beats weed, suddenly there are many volunteers around. On the way to the toilet I meet a colleague from work. „Heeeeeeeeeey.“ (That seems the normal way to greet someone on Crate Day.) She is wearing a super short dungaree with nothing but a lace bra underneath. Wow. I don’t remember her name but this is certainly not important right now. „How are you? I accidentally slept with one of our colleagues yesterday, hahahahaha.“ Accidentally? I am not sure how to picture that but I don’t get a chance to ask because she disappears within seconds. Unfortunately I have to leave the party to go to work.

17:00 – 22:00: Crate Day is definitely a day of Homeparties. Instead of having a crowded Saturday night in the bar, we are facing empty tables most of the evening.

22:00: My shift is over, I try to call L. „Where are you?“ – „I don’t know, somebody woke me up and threw me out of the house, so I try to find my way home.“ No more Crate Day Party for him I suppose. We are heading towards a bar to meet other colleagues and their friends from Gore who didn’t have to work and could celebrate properly. One of them obviously didn’t stop after the 12th beer and now he wants something more than just alcohol. He tries to get in touch with every girl around him but unfortunately he has lost his voice during the day and it doesn’t really work. The constant pointing towards his penis is thoroughly tempting but somehow nobody responds.

23:00: One of the visitors from the South has to concentrate very hard not to fall asleep. Eyes half closed he stares into the fire. Next to him sits H., a female colleague. Suddenly she jumps up and stares at him: „Did you just spit on my arm?“ He turns his head, very slowly and seems to be unable to say anything else but: „Ahaem, what?“ It makes her even more furious. „Did you just fucking spit on my arm?“ Yelling that she pours her whole drink in his face. Well, at least now he is awake. And sticky, Whiskey and Coke is not the best thing to have on your skin and in your hair. He looks quite pitiful. For the rest of the night he and his friends eyeball H. suspiciously whenever she appears. Funny to see how a bunch of muscular Maoris are afraid of a delicate 19 year old Irish girl. It’s obviously all about the attitude.

24:00: Crate Day seems to come to an end, more than half of the party crowd is barely awake. I start to walk home. The smell of the air has changed once again, I can’t help but notice the strong odor of puke. At the lakefront I bump into a couple that seems to just have finished some quality time. „Heeeeeeeeey, good party eh!“ I ask them what they like most about Crate Day. She takes her time to think about an answer but it’s worth it: „Beer, Barbecue, Mates and getting pissed all day: Why wouldn’t you love Crate Day?“

Ein saugendes Lamm, zwei blutende Wunden und eine unverhoffte Bootsfahrt

Die Felgen meines klapprigen Subaru scheppern gewaltig, als wir in die Straße unseres Zielorts einbiegen. Seit gut fünf Kilometern bewegen wir uns auf einer unbefestigten Straße, auf der entgegenkommende Fahrzeuge so viel Staub aufwirbeln, dass man für die nächsten zehn Sekunden gar nichts mehr sieht. Gott sei Dank kennen die heimischen Vögel und Hasen das Problem und bringen sich rechtzeitig in Sicherheit. Ich bin gemeinsam mit L. auf dem Weg zu seinem Reisepartner V., der bei einer neuseeländischen Familie Kost und Logis erhält und im Gegenzug Wände streicht, Unkraut jätet und die Kinder bespaßt. Der Grund unseres Besuchs: Ein fünf Wochen altes Lamm, das von seiner Mutter verstoßen wurde und seitdem von der Familie mit der Flasche aufgezogen wird.

Ankunft am Zielort. Ein kleines Farmhaus inmitten eines riesigen Grundstücks, an dessen Ende nur noch Felder und weiter hinten die hohen, schneebedeckten Berge Otagos zu sehen sind. Stattliche Bäume stehen am Rand des Gartens, unter einem grast ein wohlgenährtes Pony. L. hat dafür allerdings keinen Blick übrig, denn seine nackten Füße (ganz im Kiwi-Style) haben eines der anwesenden Hühner erstmal zu einem fröhlichen Angriff verleitet. Während er versucht, sich in Sicherheit zu bringen und dem Huhn deutsche Schimpfwörter an den Kopf wirft, vernehme ich aus der Ferne schon ein zartes „Määääh“. V. schaltet die Elektrik aus und wir krabbeln durch den Zaun in den Schafspaddock. Wir werden argwöhnisch von den anderen Schafen begutachtet. Ein Mutterschaf mit zwei wolligen und schon etwas älteren Lämmern und zwei weitere, die ich in meiner Unkenntnis als alt bezeichnen würde, die Wolle hängt doch schon recht löchrig und filzig nach unten. Das zarte Määäh von eben ist durchdringender geworden und wir schlüpfen in das Extragehege, das sich das Lämmchen mit einem stattlichen Hahn und zwei Hennen teilt. Der Niedlichkeitsfaktor eines Lamms, das der Überzeugung ist, dass jeder Mensch Milch mitbringen muss und einen dementsprechend anstubst, ansaugt und beschnuppert, ist kaum zu übertreffen. Ich schmelze dahin, während L. mit seiner nächsten Wunde kämpft: Das Babyschaf hat seine kaum vorhandenen Milchzähne geschickt eingesetzt und jetzt blutet sein Finger. Die Niedlichkeit hat allerdings auch ihn fest im Griff, auf Beschimpfungen verzichtet er dieses Mal.

Als das Lamm feststellt, dass wir kein Essen bringen und uns dementsprechend langweilig findet, verlassen wir die Farm und machen uns auf den Weg in Richtung Lake Hawea. Die Gastfamilie veranstaltet dort ein Barbecue und typisch neuseeländisch sind wir sofort eingeladen. Bei unserer Ankunft sind wir umringt von einem kläffenden, schreienden, anschmiegsamen, lachenden Pulk aus Kindern und Hunden. Wir sind ein bisschen spät dran, deswegen werden uns die restlichen Würstchen ganz einfach in die Hand gedrückt und nur ein paar Momente später stehen wir direkt am Ufer des glasklaren, an diesem Abend völlig glatten Sees. Kaum hat er sein Essen verspeist, wird V. in einem unfreiwilligen Wet-TShirt-Contest verwickelt, während L. seine Handstandkünste teilt und ich für meinen Elefantenpullover bewundert werde. Weder die Kinder, noch die Hunde, noch die Eltern scheinen irgendwelche Berührungsängste zu kennen. Während wir die erste Übernachtungseinladung erhalten, werde ich in das Fischerboot des Sohnes manövriert und gleite mit einem Mal ganz und gar unverhofft im Sonnenuntergang in Richtung Berge. Plötzlich ist es ganz still. Das Ufer ist nicht weit entfernt, trotzdem dringt kein anderes Geräusch zu uns als das Plätschern des Wassers und ab und zu das Platschen eines fetten Fisches, der aus dem Wasser nach Mücken schnappt. Friedlich.

img_0531

Ohne die Sonne ist es empfindlich kühl, deswegen wird nach unserer Rückkehr ans Ufer das Boot im Van verstaut und wir fahren alle gemeinsam zurück zum Farmhaus. Die Kinder freuen sich so dermaßen über die Gäste, dass wir eine Vorstellung auf dem Trampolin bekommen und die kleine Tochter ungefähr hundert Räder und FlicFlacs durch den Garten schlägt. Platz genug hat sie dafür allemal. Schließlich wandern wir alle gemeinsam noch einmal zu dem Schafspaddock. Der Sohn trägt auf dem Arm eines der beiden Kaninchen, im Schlepptau haben wir außerdem die zwei Hunde und das angriffslustige Huhn, das L. genauestens im Auge behält. Während ich mich wieder in Schmuseposition begebe, setzt er das Kaninchen ab, das sich sofort auf Erkundungstour durch den Paddock begibt. Das wiederum finden die andere Tiere so lustig, dass sich uns ein herrliches Bild bietet: Im Dämmerlicht der neuseeländischen Frühlingsnacht verfolgen fünf aufgeregte Schafe, zwei Hunde, ein Huhn und ein kleiner Junge im Schlafanzug ein weißes Kaninchen. Ich möchte diesen Moment gerne einfrieren und mir für immer bewahren.

8 Things I’ve learned about Tonga

  1. Tongans are very pretty. I must say that was the biggest surprise for me because despite the fact that a lot of people freaked out about the Tongan Teakwondo athlet during the Olympics in Rio, I never expected to see so many attractive people. Especially the young men are often very well build (i don’t where they get it from, I haven’t seen one gym on the whole island) and have beautiful faces.

    img_0358

    Cultural show at Vakaloa Beach Resort. For more photos have a look at squareshot’s blog.

  2. Tongans have A LOT of kids: Our hosts from Ha’atafu Beach Resort told us, that Tongan couples used to have 12 to 15 children. This number decreased to an average of six. Therefore every second building in Tonga seems to be a school. The schools are either operated by the government or the church.                                                                                                                            Funny Side Story to this point: A Guy from Samoa watched my taking my anti-baby-pill. He looked at me in a very curious manner and asked: „What are you doing?“ I looked back at him probably in the same way and said: „I am taking my anti-baby-pill so I don’t get pregnant.“ He laughed and said: „This is so Palangi.“ That is their word for White people and even though I have no idea whether is actually true, it might be an explanation for all these children. 
  3. The most common domestic animals in Tonga are: cows (which are kept on a leash in the coconut tree fields), dogs (which run around town like they are street dogs but actually all of them belong to a family), tiny little cats, pigs (one bay in Tonga is even known for the „fishing pigs“. They do what all pigs do just not in normal mud but on the beach).
  4. Females traveling in Tonga don’t have to be afraid of sexual harassment (As far as I can tell! This does not mean it could still happen somehow somewhere.). Our tour guide Vei put it this way: „In Tonga, women are being treated like princesses.“ Well, I can’t say if this is actually true but I never felt like men are looking at me in a way that made me feel uncomfortable. I have to say they barely look at all. I am not sure if their idea of beauty is just so far away from the European look or if they are influenced by their christian culture and education which teaches them to take these things more serious – anyway, it makes moving around Tonga very comfortable.
  5. There is a season for every type of sports. In September, October and November Tongans play Volleyball, after that it is time for netball, followed by Rugby, etc. And everyone sticks to this plan, even teenagers and little kids just playing for fun.
  6. There are more Tongans living outside of Tonga than in Tonga. Most of them have their homes in Australia or New Zealand. Our hosts who lived in Auckland for a while told us about the businesses made out of this. Whenever somebody came and visited them in New Zealand, they brought fresh fish. And they took back ham and cheese whenever they flew back home on the island.
  7. People do sell a lot along the road and the shops are either owned by Tongans or Chinese. While the Tongans show their harvest in form of yams, coconuts and watermelons on little stalls, the Chinese have small buildings made out of brick stone with a lattice window. They sell everything for the daily needs including alcohol. Most of the owners speak a, in my opinion, quite amusing combination of languages: Chinese and Tongan.
  8. Another observation concerning the local economy: Tongans don’t really care about selling their products. Whether in the big market, close to the few tourist attractions or just along the road: Some of them might stand up and say something like: „Wanna buy Tongan souvenirs?“ But the majority just keeps on doing what they’ve done before, mostly napping, eating or  chatting.

img_0407

Andere Sitten, bessere Sitten?

Ich fange mal mit mir selbst an: eine Hostelküche um sieben Uhr Abends, mitten in Neuseeland. Es ist gerammelt voll, Menschen aus allerlei Nationen kochen und schnibbeln so vor sich hin. Auftritt Rainer und Angela, so taufe ich sie hier spaßeshalber. Ebenfalls schon vor Ort ist Angelas kleine Schwester Laura. Die hat soeben Müll weggeworfen und ist schon wieder fast draußen. Angela öffnet die Tonne und schweigt einen Moment entsetzt: „Wer hat den Plastik in den Hausmüll geworfen???“ Laura dreht sich um: „Äh, das war wohl ich.“ Angela guckt derartig fassungslos, das es schon fast witzig ist. Noch während sie sprachlos an der Tonne steht kommt Rainer, allem Anschein nach ihr Ehemann. Er öffnet ebenfalls die Tonne um irgendwas zu entsorgen und zuckt zusammen: „Oh Gott! Wer hat den Plastik in die Tonne für den Hausmüll geworfen?“ Lauras verschämte Antwort höre ich schon nicht mehr, ich verlasse fluchtartig den Raum. Dabei überkommt mich ein vertrautes Gefühl: Scham. Ich schäme mich für meine Landsleute und ihre ach so deutschen Eigenschaften. Lieber schweige ich den restlichen Abend, als mich als Deutsche identifizieren zu lassen.

Aber sollte ich nicht eher stolz sein auf Angela und Rainer, dass sie sich auch so weit weg von zu Hause an ihre deutschen Tugenden erinnern? Nur einen Tag nachdem ich mich an dieses Beispiel erinnert habe, postet eine amerikanische Freundin ein Video,in dem die deutsche Mülltrennung in den Himmel gelobt wird. Die Filmemacher zeigen, wie schlecht die USA dagegen das Problem managt. Das heißt ja im Umkehrschluss, ich schäme mich für etwas, das andere Länder großartig finden.

Warum sind so viele von uns so schnell bereit, die eigenen Sitten als völlig übertrieben und dämlich zu erachten und in anderen Ländern unsere ganze kritische Einstellung über Bord zu werfen und nur noch zu schwärmen?

Gerade beim Reisen begegnet einem das Thema der Identifizierung mit der eigenen Kultur überall. Ich bin großer Fan der argentinischen Lebensart, ein argentinischer Freund wiederum hört nicht auf, auf sein Land zu schimpfen und sich nach Europa zu träumen. Spätestens seit dem Referendum kriegen jüngere Briten schnell einen fast schon angeekelten Gesichtsausdruck, wenn es um ihr eigenes Land geht. Und für viele Deutsche ist es immer noch das größte Kompliment, wenn sie jemand als „überhaupt nicht typisch deutsch“ bezeichnet.

Wenn man in dem Land aufwächst, in dem schon die eigenen Eltern und Großeltern gelebt haben, dann kann man diese Herkunft eigentlich nicht verleugnen. Kulturelle Prägung lässt sich nicht an und ausschalten wie es einem gerade passt. Beispiel: Tanja J. Sie sieht sich in ihrem Herzen eindeutig als Spanierin, will unbedingt nach Barcelona ziehen. Aber: Es ist dort einfach so schmutzig. Und alle kommen ständig zu spät. All diese Eigenschaften und Vorlieben, die wir bei unseren Landleuten oft so unerträglich finden: Sie sind häufiger ganz nah an und in uns, jederzeit bereit, hervorzukommen. Deswegen stoßen wir sie wohl mit solcher Macht von uns.

Und was die bedingungslose Schwärmerei für andere Länder angeht: Ich denke, es dauert sehr lang, bis man einen wirklichen Zugang zu einer anderen Kultur und Nation kriegt. Einen, der eine klare Sicht ermöglicht: auf vergangene Traumata, auf Probleme, auf tiefer liegende Ungerechtigkeiten – kurzum, die Realität.

Die Moral von der Geschichte? Ich fahre jetzt wieder nach Neuseeland. Und ich will dieses Mal die Tendenz unterdrücken, bei jeder passenden Gelegenheit mein Deutschsein möglichst hastig zu verstecken. Es ist wie es ist: Als ich vor zwei Jahren in Sydney mit meinen neu gekauften australischen Klamotten und einem australischen Klatschmagazin unter dem Arm durch die Straßen lief, kamen zwei Jungs auf mich zu und hatten nur eine Frage: „Are you German?“ Also bitte, wozu gebe ich mir dann überhaupt noch Mühe?

Was macht man in Kassel eigentlich im Sommer?

  1. Im Bergpark die Füße im Morgentau baden: Wasserspiele, Open-Air-Konzerte, Laternentouren – Der Bergpark bietet viel und ist bei schönem Wetter auch das Ziel von ganz vielen. Was ich im Sommer deswegen besonders schön finde: Kurz vor Sonnenaufgang vom Schloss loslaufen, mit nackten Füßen immer weiter nach oben bis hin zum Beginn der Kaskaden oder sogar noch weiter. Auf dem Weg sind die Bewohner des Park unterwegs, die man sonst selten sieht, Rehe, Hasen und Waschbären. Oben am Herkules den Blick über die Stadt in der Morgensonne schweifen lassen: Herrlich…

    IMG_4396

    Foto by Janik Viereck (Hier geht’s zu seinem Foto-Blog)

  2. Im Chacal ein kleines bisschen Festivalstimmung spüren: Seit im vergangenen Jahr die Promenade in der Goethestraße eröffnet wurde, gibt es im vorderen Westen einen neuen Hotspot. Das Chacal, eigentlich eine kleine, gemütliche Kneipe, wird in lauen Sommernächten der Place to be. Auf der neu gestalteten Sitzgruppe mit den leuchtenden Bodenplatten, auf den Bänken unter den Bäumen oder einfach auf der Steintreppe: Überall sitzen Menschen, Jung und Alt, Familien, Pärchen, Freunde. Wer allein kommt, findet fast immer jemanden, den man kennt und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, denn zu gucken gibt es genug. Aus der Kneipe kann man Gläser mit nach draußen bringen, aber auch mitgebrachte Getränke sind an der Tagesordnung. Damit am Ende alles sauber bleibt, ist selbstständiges Aufräumen natürlich Pflicht…
  3. Brunchen wie die New Yorker: Der gemeine Kasseler frühstückt am Wochenende gerne außerhalb der eigenen vier Wände. Da die Auswahl an passenden Cafés der Zahl der Besucher dabei allerdings nicht gerecht wird, ist das spontan kaum möglich. Im Sommer entzerrt sich das Ganze immerhin ein bisschen durch das größere Platzangebot. Und was gibt es Schöneres, als den Sonntag mit Sonne im Gesicht und einem Kaffee in der Hand zu beginnen? Dabei ist für jeden Geschmack etwas dabei: Hipsterfrühstück im Rokkeberg, ganz mondän im Schlosshotel, den vielen Studenten angemessen große Portionen im Café Nordpol, Büffet im Denkmahl und Café Lange oder schlicht und ergreifend gut im Café Westend.
  4. Der Stadt den Rücken kehren: In direkter Nähe zum Tierpark Sababurg durch einen uralten Wald schlendern und dabei ab und zu die Wölfe heulen hören, am Twistesee am Wasserskilift mit Speed übers Wasser rauschen, im Schlosspark Wilhelmsthal lustwandeln und den Reifrock förmlich an den Waden spüren: Allein diese Liste könnte man beliebig lange weiterführen. Kassels Umland ist schön, grün, hügelig und immer einen Ausflug wert, wenn die Stadt im Sommer zu heiß ist.

    IMG_9483

    Foto by Janik Viereck (Hier geht’s zu seinem Foto-Blog)

  5. Auf der Terrasse der Grimmwelt die Sonne verschwinden sehen: Jakob und Wilhelm Grimm verdankt die Stadt Kassel nicht nur eine ausgefeilte Marketingkampagne, sondern auch den neuen Stern am Museumshimmel, die Grimm-Welt. Innen bietet der große Komplex interessante und ungewöhnliche Einblicke in das Leben und das Werk der Brüder. Außen lockt die Dachterrasse seit ihrer Eröffnung Touristen und Einheimische gleichermaßen. An einem lauen Sommerabend mit einem kühlen Getränk den Blick von Osten nach Westen schweifen lassen, mit der Aue zur Linke und dem Weinberg direkt unter einem: da ist Kassel tatsächlich ein richtig schöner Ort zum Sein.
  6. Eine Nacht mit Friedrich E. und Werner H. verbringen: Wenn die Sonne langsam untergeht, gehen die Lichter in den Erdgeschossen der Frierich-Ebert-Straße an. Kassels Kneipenmeile beginnt an der Kreuzung mit der Goethestraße und zieht sich bis in die Innenstadt. Ein Bier im Hot Legs, in Joe’s Garage oder in der Bar vom Club 22. Hier könnte man direkt hängen bleiben und zu späterer Stunde auf dem Dancefloor im Keller schwofen. Man kann aber auch weiter ziehen, einen längeren Stopp in der Bar Seibert für eine herrliche Cocktailkreation einlegen (hier ist Kassel richtig mondän, sowohl die Drinks als auch die Einrichtung haben regelrechten Großstadtcharakter) und schließlich noch auf einen sauren Hausschnaps ins Fez einkehren. Wenn er offen hat, ist das Soda der nächstgelegene Club, ansonsten geht es über den Berg in Richtung Hauptbahnhof. Hier ein kurzer Moment zum traurigen Innehalten: Das Unten musste zu Sommeranfang schließen und das obwohl die alten Gleisanlagen gerad in warmen Sommernächte ein besonderer Anlaufpunkt waren. Stattdessen gibt es jetzt nur noch einen Weg und auch wenn der immer noch nach unten führt, geht es eben nicht mehr ins Unten. Stattdessen ins Partygewimmel des größten Bar- und Clubkomplexes, Arm und Lolita-Bar. Hier ist immer irgendwas los und wer keine Lust hat nach Hause zu gehen, findet zu später Stunde bestimmt noch neue Freunde…
  7. Die Stadt vom Wasser aus betrachten: Kassel dreht dem stadteigenen Fluss eigentlich eher den Rücken zu. Die Fulda fließt mehr oder weniger unbeachtet im Osten der Stadt und selbst bei heißen Sommertemperaturen liegt kaum jemand am Ufer. Was auch daran liegt, dass es dazu gar nicht so viele Möglichkeiten gibt, weil sich im Stadtgebiet ein Bootshaus an das andere reiht. Aber es gibt jetzt eine neue Möglichkeit, sich die Fulda zu eigen zu machen: Stehend drüber paddeln. Hier geht’s zum SUP-Erfahrungsbericht.

 

Übers Wasser schweben

Ich schwebe! Unter mir gleitet die Fulda ruhig dahin und bis auf die leisen Einschläge meines Paddels und das Rauschen der Blätter ist kein Laut zu hören. Eine Ente mustert mich auf meinem ungewöhnlichen Fortbewegungsmittel, entscheidet dann aber, dass ich keinen Störfaktor darstelle. Ich stehe mit beiden Füßen fest auf meinem langen Surfbord und stelle fest: Diese eigenartige Mischung aus den Bewegungen des Wassers und  meinem vertrauten Stand hat etwas Magisches. Es wundert mich schon nach wenigen Minuten kein Stück, dass es einen solchen Hype um Stand Up Paddling, kurz SUP, gibt.

An meiner Seite gleitet Marc Schreiber über das Wasser, weitaus sicherer auf dem ungewöhnlichen Fortbewegungsmittel. Er ist der Besitzer des Surfshops Nordswell und bietet jeden Abend eine SUP-Tour auf der Fulda an. Obwohl Marc normalerweise auf höheren und raueren Wellen unterwegs ist, hat er Geschmack am Stand Up Paddling gefunden: „Es sieht erstmal leicht aus, aber das bietet mehr als man denkt. Durch das ständige Balancieren ist es ein echtes Ganzkörperworkout.“ Und dazu noch eins, dass in herrlichster Umgebung stattfindet und ungewöhnliche Perspektiven bietet. Der Fluss sieht ganz anders aus, ob man ihn stehend befährt. Für Marc als Tourguide hat SUP noch einen anderen unschlagbaren Vorteil: „Es ist einfach zu lernen und eignet sich dadurch tatsächlich für Jeden, egal ob Kind oder Rentner.“ Solange man keine Gelenkschäden hat und in der Lage ist, 15 Minuten frei zu schwimmen, nimmt Marc einen mit. Für die ganz Ambitionierten gibt es darüber hinaus auch die Möglichkeit, an einer mehrstündigen Tour teilzunehmen. Dafür sollte man allerdings gut im Training sein, ich spüre meine Arme nach 60 Minuten doch schon recht deutlich.

Am Ende schwebe ich dann auch nicht mehr. Marc zeigt mir eine schnelle Wende, die so genannten hawaiianische Wende. Und dann bin ich der Fulda plötzlich noch näher als vorher. Nämlich mittendrin.

IMG-20150810-WA0006

 

Silvester 2015. Oder: Wer muss sich jetzt eigentlich ändern?

Jetzt, sechs Tage nach der Silvesternacht platzen die Medien fast vor Berichten über den sexuellen Übergriffen in Köln. Politiker und Polizei schieben Schuldzuweisungen hin und her und über allem liegt die stete Mahnung, dass noch längst nicht bewiesen sei, dass es sich bei den Tätern jener Nacht um Flüchtlinge handelt. Ich war nicht da und weiß es nicht. Was ich aber weiß ist, dass es auch hier, in meiner Heimatstadt, in dieser Neujahrsnacht anders war.

Wo? Caricatura-Bar, Kassel

Wann? 01.01.2016, 03:00 Uhr

Die Stimmung ist feucht-fröhlich als wir uns in die überfüllte Bar reinschieben. Es sind unterschiedlichste Menschen da, Alter, Geschlecht, Hautfarbe, von allem ist etwas dabei. Erst als wir auf der Tanzfläche stehen, sagt J: „Ganz schön viele arabische Männer, oder?“ Vielleicht bemerken wir sie aber auch erst jetzt als wir, drei Frauen, alleine anfangen zu tanzen. Denn plötzlich sind wir umringt von einer Traube junger Männer. Der eine schiebt sich gleich mal ran, um die Verhältnisse zu klären: „I am from Syria.“ Aha, alles klar. Was soll das denn heißen? Aber dann spüre ich auch schon eine Hand auf meinem Po und muss die erstmal nachdrücklich wegschieben. Sie gucken allesamt ein wenig seltsam, mustern uns eindeutig aber mit einem leicht nach innen gerichteten Blick. Egal, wir sind ja hier zum Tanzen und das tun wir auch. Zumindest für circa dreißig Sekunden. Die Traube wird enger, während ich versuche mit wütendem Blick Abstand zu suggerieren. Dann kommt der nächste: „Dance with me, please.“ „No, thanks.“ Ich bin freundlich, warum auch nicht? Die Frage ist nicht schlimm und bitte hat er ja sogar auch noch gesagt. Aber No scheint im Wortschatz noch nicht angesiedelt zu sein. „Dance with me please.“ Dazu kommen schon wieder die Arme in Richtung meiner Hüfte. Ich drücke meine Hände auf seinen Brustkorb und schiebe ihn weg: “No means no.” Dann frage ich ihn ob er Deutsch spricht. Aber auch er sagt nur: „I am from Syria.“ Meine Erklärung, dass der deutsche Ausdruck „So nicht“ sehr wichtig ist, verläuft im Sande, er scheint irgendwie gar nichts mehr mitzukriegen. Unsere männliche Begleitung kommt zurück und die Traube um uns löst sich. Schön, aus Respekt vor mir lassen sie uns nicht in Ruhe, aber immerhin aus Respekt vor anderen Männern. Ohnehin schwofen sie nur ein bisschen nach links, um nebenan bei anderen Mädels weiterzumachen. Ich merke, dass Wut in mir hochsteigt. Verdammt nochmal, es ist eindeutig, dass die das nicht wollen. Aber nach ein paar Minuten wegschieben geben die Frauen auf und gehen. J beobachtet die Szene ebenfalls: „Wahrscheinlich müssen wir jetzt echt die Art ändern wie wir feiern gehen, oder?“ Ist das die Konsequenz? Das will ich einfach nicht akzeptieren. Ich möchte mehr Beobachtungen machen und an Tanzen ist ja ohnehin nicht zu denken. Aber ist es tatsächlich an allen Ecken dasselbe Bild. Mädels, die sich wehren müssen gegen allzu aufdringliche Tanz- und Streichelangebote. Eine läuft fast durch den halben Raum und versucht unauffällig einen Araber abzuschütteln, der mit verklärtem Blick an ihrer Hüfte klebt. Ich schubse ihn schließlich weg und fange mir von ihr noch einen nicht ganz so dankbaren Blick für meine Belehrungen: „Du musst dem das auch sagen! Scheinbar wissen die ja nicht, dass das nicht ok ist und Frauen, die allein tanzen, das nicht nur tun, um von Männern angetanzt zu werden.“ Denn das ist das Gefühl, dass ich mehr und mehr bekomme. Dass sie es nicht wissen und auch nicht verstehen. Die Stimmung ist nicht aggressiv und ich habe nicht das Gefühl, dass ich ein Risiko eingehe, wenn ich so nachdrücklich meine Ablehnung zeige. P ist das allerdings zu dem Zeitpunkt schon alles egal, sie ist mit ihrem Freund da und kommt ziemlich aufgelöst zu uns: „Mann, die grabschen die ganze Zeit. Ich hatte schon Hände an meinem Po und meinen Brüsten. Das darf doch nicht wahr sein, wir gehen jetzt.“ Was glauben die eigentlich, wer die sind? Frauen in einer Menge antatschen, die ihnen selbst Schutz und dem weiblichen Geschlecht nur noch mehr Hilfslosigkeit bietet, ist einfach das Letzte. Wir halten es auch nicht mehr viel länger in dem Gedränge aus und gehen. Mit einem Gefühl von Wut, von Unverständnis, von Verzweiflung. Ich will nicht, dass diese Szenarien jetzt alltäglich werden, wenn wir abends unterwegs sind. Aber habe ich überhaupt Möglichkeiten, das zu verhindern?

 

Headwind and Hangover

There are times where everything seems to be perfect: you have new ideas and new plans that increase your self-confidence. They make you believe that everything is possible and nothing can stop you. And then there are other times; they usually come right after the good ones. These are the times when nobody wants to hear your ideas; when your new plans don’t turn out the way you thought they would; When you realize that there are a lot of things that can stop you.

It could be way easier: just stick to the old routine. Keep living the way you’ve always lived, keep doing the job you’ve always done, and relax in your free time. Nobody has to reach for the stars; it’s probably much simpler for people who don’t. It’s universal: no one likes to be rejected and for good reasons. An idea that at first sounds so interesting to you might seem stupid later if somebody else declines it. The new plan can collapse upon itself when you’re faced with the misunderstanding or dislike of others.

It doesn’t matter how well we think we know the whole process. For example: An advertisement for a job might be just a formality—they could’ve already selected someone internally. A magazine says that they are looking for new ideas: but they’ve been working with the same authors for a long time and don’t need new ones, only their ideas. It’s nothing personal and you know that. But in weak moments it is very easy to forget all of this. And then our precious self-confidence quickly turns into doubt.

But I like to believe that we don’t really have a choice. People only have a limited ability to choose what kind of person they want to be. And if you are someone who follows your dreams then dealing with rejection will be challenging throughout your life. So, no matter how many times life throws you out of the saddle, you have to get back in there again. Giving up is way too easy.