Was macht man in Kassel eigentlich im Sommer?

  1. Im Bergpark die Füße im Morgentau baden: Wasserspiele, Open-Air-Konzerte, Laternentouren – Der Bergpark bietet viel und ist bei schönem Wetter auch das Ziel von ganz vielen. Was ich im Sommer deswegen besonders schön finde: Kurz vor Sonnenaufgang vom Schloss loslaufen, mit nackten Füßen immer weiter nach oben bis hin zum Beginn der Kaskaden oder sogar noch weiter. Auf dem Weg sind die Bewohner des Park unterwegs, die man sonst selten sieht, Rehe, Hasen und Waschbären. Oben am Herkules den Blick über die Stadt in der Morgensonne schweifen lassen: Herrlich…

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    Foto by Janik Viereck (Hier geht’s zu seinem Foto-Blog)

  2. Im Chacal ein kleines bisschen Festivalstimmung spüren: Seit im vergangenen Jahr die Promenade in der Goethestraße eröffnet wurde, gibt es im vorderen Westen einen neuen Hotspot. Das Chacal, eigentlich eine kleine, gemütliche Kneipe, wird in lauen Sommernächten der Place to be. Auf der neu gestalteten Sitzgruppe mit den leuchtenden Bodenplatten, auf den Bänken unter den Bäumen oder einfach auf der Steintreppe: Überall sitzen Menschen, Jung und Alt, Familien, Pärchen, Freunde. Wer allein kommt, findet fast immer jemanden, den man kennt und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, denn zu gucken gibt es genug. Aus der Kneipe kann man Gläser mit nach draußen bringen, aber auch mitgebrachte Getränke sind an der Tagesordnung. Damit am Ende alles sauber bleibt, ist selbstständiges Aufräumen natürlich Pflicht…
  3. Brunchen wie die New Yorker: Der gemeine Kasseler frühstückt am Wochenende gerne außerhalb der eigenen vier Wände. Da die Auswahl an passenden Cafés der Zahl der Besucher dabei allerdings nicht gerecht wird, ist das spontan kaum möglich. Im Sommer entzerrt sich das Ganze immerhin ein bisschen durch das größere Platzangebot. Und was gibt es Schöneres, als den Sonntag mit Sonne im Gesicht und einem Kaffee in der Hand zu beginnen? Dabei ist für jeden Geschmack etwas dabei: Hipsterfrühstück im Rokkeberg, ganz mondän im Schlosshotel, den vielen Studenten angemessen große Portionen im Café Nordpol, Büffet im Denkmahl und Café Lange oder schlicht und ergreifend gut im Café Westend.
  4. Der Stadt den Rücken kehren: In direkter Nähe zum Tierpark Sababurg durch einen uralten Wald schlendern und dabei ab und zu die Wölfe heulen hören, am Twistesee am Wasserskilift mit Speed übers Wasser rauschen, im Schlosspark Wilhelmsthal lustwandeln und den Reifrock förmlich an den Waden spüren: Allein diese Liste könnte man beliebig lange weiterführen. Kassels Umland ist schön, grün, hügelig und immer einen Ausflug wert, wenn die Stadt im Sommer zu heiß ist.

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    Foto by Janik Viereck (Hier geht’s zu seinem Foto-Blog)

  5. Auf der Terrasse der Grimmwelt die Sonne verschwinden sehen: Jakob und Wilhelm Grimm verdankt die Stadt Kassel nicht nur eine ausgefeilte Marketingkampagne, sondern auch den neuen Stern am Museumshimmel, die Grimm-Welt. Innen bietet der große Komplex interessante und ungewöhnliche Einblicke in das Leben und das Werk der Brüder. Außen lockt die Dachterrasse seit ihrer Eröffnung Touristen und Einheimische gleichermaßen. An einem lauen Sommerabend mit einem kühlen Getränk den Blick von Osten nach Westen schweifen lassen, mit der Aue zur Linke und dem Weinberg direkt unter einem: da ist Kassel tatsächlich ein richtig schöner Ort zum Sein.
  6. Eine Nacht mit Friedrich E. und Werner H. verbringen: Wenn die Sonne langsam untergeht, gehen die Lichter in den Erdgeschossen der Frierich-Ebert-Straße an. Kassels Kneipenmeile beginnt an der Kreuzung mit der Goethestraße und zieht sich bis in die Innenstadt. Ein Bier im Hot Legs, in Joe’s Garage oder in der Bar vom Club 22. Hier könnte man direkt hängen bleiben und zu späterer Stunde auf dem Dancefloor im Keller schwofen. Man kann aber auch weiter ziehen, einen längeren Stopp in der Bar Seibert für eine herrliche Cocktailkreation einlegen (hier ist Kassel richtig mondän, sowohl die Drinks als auch die Einrichtung haben regelrechten Großstadtcharakter) und schließlich noch auf einen sauren Hausschnaps ins Fez einkehren. Wenn er offen hat, ist das Soda der nächstgelegene Club, ansonsten geht es über den Berg in Richtung Hauptbahnhof. Hier ein kurzer Moment zum traurigen Innehalten: Das Unten musste zu Sommeranfang schließen und das obwohl die alten Gleisanlagen gerad in warmen Sommernächte ein besonderer Anlaufpunkt waren. Stattdessen gibt es jetzt nur noch einen Weg und auch wenn der immer noch nach unten führt, geht es eben nicht mehr ins Unten. Stattdessen ins Partygewimmel des größten Bar- und Clubkomplexes, Arm und Lolita-Bar. Hier ist immer irgendwas los und wer keine Lust hat nach Hause zu gehen, findet zu später Stunde bestimmt noch neue Freunde…
  7. Die Stadt vom Wasser aus betrachten: Kassel dreht dem stadteigenen Fluss eigentlich eher den Rücken zu. Die Fulda fließt mehr oder weniger unbeachtet im Osten der Stadt und selbst bei heißen Sommertemperaturen liegt kaum jemand am Ufer. Was auch daran liegt, dass es dazu gar nicht so viele Möglichkeiten gibt, weil sich im Stadtgebiet ein Bootshaus an das andere reiht. Aber es gibt jetzt eine neue Möglichkeit, sich die Fulda zu eigen zu machen: Stehend drüber paddeln. Hier geht’s zum SUP-Erfahrungsbericht.

 

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Übers Wasser schweben

Ich schwebe! Unter mir gleitet die Fulda ruhig dahin und bis auf die leisen Einschläge meines Paddels und das Rauschen der Blätter ist kein Laut zu hören. Eine Ente mustert mich auf meinem ungewöhnlichen Fortbewegungsmittel, entscheidet dann aber, dass ich keinen Störfaktor darstelle. Ich stehe mit beiden Füßen fest auf meinem langen Surfbord und stelle fest: Diese eigenartige Mischung aus den Bewegungen des Wassers und  meinem vertrauten Stand hat etwas Magisches. Es wundert mich schon nach wenigen Minuten kein Stück, dass es einen solchen Hype um Stand Up Paddling, kurz SUP, gibt.

An meiner Seite gleitet Marc Schreiber über das Wasser, weitaus sicherer auf dem ungewöhnlichen Fortbewegungsmittel. Er ist der Besitzer des Surfshops Nordswell und bietet jeden Abend eine SUP-Tour auf der Fulda an. Obwohl Marc normalerweise auf höheren und raueren Wellen unterwegs ist, hat er Geschmack am Stand Up Paddling gefunden: „Es sieht erstmal leicht aus, aber das bietet mehr als man denkt. Durch das ständige Balancieren ist es ein echtes Ganzkörperworkout.“ Und dazu noch eins, dass in herrlichster Umgebung stattfindet und ungewöhnliche Perspektiven bietet. Der Fluss sieht ganz anders aus, ob man ihn stehend befährt. Für Marc als Tourguide hat SUP noch einen anderen unschlagbaren Vorteil: „Es ist einfach zu lernen und eignet sich dadurch tatsächlich für Jeden, egal ob Kind oder Rentner.“ Solange man keine Gelenkschäden hat und in der Lage ist, 15 Minuten frei zu schwimmen, nimmt Marc einen mit. Für die ganz Ambitionierten gibt es darüber hinaus auch die Möglichkeit, an einer mehrstündigen Tour teilzunehmen. Dafür sollte man allerdings gut im Training sein, ich spüre meine Arme nach 60 Minuten doch schon recht deutlich.

Am Ende schwebe ich dann auch nicht mehr. Marc zeigt mir eine schnelle Wende, die so genannten hawaiianische Wende. Und dann bin ich der Fulda plötzlich noch näher als vorher. Nämlich mittendrin.

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