Frisch und froh im Whiskeyland

Der gemeine Schotte ist so hilfsbereit, dass es manchmal schon fast absurd ist. Am Flughafen von Edinburgh will ich den Zug nehmen, um ins Stadtzentrum zu gelangen. Prinzipiell ist mir klar, zu welcher Station ich muss und wie es dann weitergeht. Doch ich habe noch keine zwei Sekunden auf den Display des Ticketschalters geguckt, als ein freundlicher Jüngling in Uniform neben mir steht. Wo ich hinwolle, fragt er mich mit einem strahlenden Lächeln. Als ich den Namen meines Hostels nenne, druckt er mir nicht nur prompt mein Ticket aus, sondern gibt mir auch noch einen Stadtplan, in den er bereits meinen kompletten Weg von der Station aus eingezeichnet hat. Im Zentrum von Edinburgh steige ich aus dem Zug und will gerade den Plan öffnen, als zwei Straßenkehrer beflissentlich zu mir eilen und fragen, wo ich hinmöchte. Ich lasse den Plan ungeöffnet und nach einer kurzen Diskussion sind die Herren sich einig und lotsen mich in die richtige Richtung. Ich marschiere los und möchte drei Straßen weiter einen kurzen Blick in den Stadtplan werfen, um mich einmal kurz zu orientieren und zu verstehen, wo genau ich mich in dieser Stadt befinde. Keine Chance, der Securitymann vor dem Juwelier steht sofort Spalier bei Fuß, um mich nach meinem Ziel zu fragen und mir den kürzesten Weg zu erklären. Verlaufen kann ich mich jetzt definitiv nicht mehr, ich würde aber TROTZDEM gerne mal kurz in den Plan schauen.

Aber wie überall auf der Welt gibt es (Gott sei Dank) zwei Seiten der Medaille. Die Schotten können auch anders: Ich laufe mit M. durch die Straßen von Edinburgh und in einer Baustelle gehen wir relativ dicht hinter einem älteren Mann, der offensichtlich ein Problem damit hat. Seine Schultern spannen sich immer mehr an, bis er schließlich zur Seite tritt und uns mit einem lautstarken „Bloody Hell!“ passieren lässt. In der ersten Woche sind das allerdings auch schon fast die einzigen schottischen Worte, die ich verstehen kann. Dieser Akzent ist eine Herausforderung…

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